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Menschen im Homeoffice arbeiten, zumindest zeitweise, von Zuhause aus. In dieser Zeit bleibt ihr Arbeitsplatz im Unternehmen frei. Wenn das immer mehr Mitarbeiter*innen immer öfter machen, bleiben immer mehr Arbeitsplätze immer öfter frei. Dieser Trend beschleunigt sich und dürfte dauerhaft unsere Arbeitswelt prägen. Das legt den Gedanken nahe, nicht mehr für jede/n Mitarbeiter*in einen Arbeitsplatz vorzuhalten, sondern auf ein Desk Sharing Konzept zu wechseln:  Die Mitarbeiter*innen haben keinen festen Arbeitsplatz mehr. Sie teilen sich eine bestimmte Zahl verfügbarer Arbeitsplätze. Die Zahl der Arbeitsplätze wäre auf die anwesenden Nutzer ausgerichtet nach einer Sharing Quote: Werden 70 Arbeitsplätze für 100 Mitarbeiter vorgehalten, entspricht das einer Sharing Quote von 70%.

Vorteile von Desk Sharing

Wenn 100 Mitarbeiter nur 70 Arbeitsplätze brauchen, 1.000 nur 700 oder 10.000 nur 7.000… dann denkt man zu allererst an das viele Geld, das man einsparen kann.

  • Weniger Kosten für Raum, Betrieb und Pflege: Man braucht deutlich weniger Quadratmeter Bürofläche und dafür auch weniger Betriebskosten oder Reinigungsaufwand. Die Nutzung des Raums wird deutlich effizienter.
  • Bessere Kommunikation: Jeden Tag ein neuer Arbeitsplatz bedeutet, dass jeden Tag ein anderer Kollege nebenan oder gegenüber sitzen kann. Das erhöht den informellen Austausch zwischen Mitarbeiter*innen, fördert Verständnis für und Wissen über andere Bereiche,  kurbelt Dynamik und Kreativität an.
  • Desk Sharing  ist ein Beitrag hin zu einer modernen Arbeitswelt mit agilen Teams und kann Hürden wie Hierarchien abbauen: In letzter Konsequenz bewegen sich alle gleichberechtigt im Desk Sharing Pool. So könnte der CEO neben dem Praktikanten sitzen.

Risiken von Desk Sharing

Der eigene Arbeitsplatz genießt in unserer deutschen Arbeitskultur einen hohen Stellenwert bei Mitarbeiter*innen. Daher empfiehlt sich maximale Sensibilität bei allen Maßnahmen, die diesen Wert tangieren. Das trifft ganz besonders auf Desk Sharing zu.

  • Unruhe ist vorprogrammiert: Immer wieder einen neuen Platz suchen, immer wieder Geräte an- und abschließen, den Arbeitsplatz herzurichten, nichts liegen lassen dürfen, keine persönliche Atmosphäre aufbauen zu können, täglich neue Gesichter und neue Gespräche – das ist nicht jedermanns Sache und nicht zu jeder Zeit erwünscht. Das bedeutet für viele Stress und manchen Mitarbeiter*innen wird das schlichtweg zu viel. Ihre Loyalität sinkt. Sie gehen unter oder kündigen.
  • Etablierte Teams leiden: Während neue Verbindungen aufgebaut werden und sich agile Teams leichter finden, leiden die „alten“, etablierten Teams, weil sie eben nicht mehr regelmäßig zusammensitzen. Das nagt an ihrer Produktivität und gefährdet in Summe die gelernte Produktivität des Unternehmens.

Diese Risiken können minimiert werden durch gute Führung und Kommunikation bei der Einführung von Desk Sharing, beispielsweise durch intensive Vorbereitung der Mitarbeiter*innen in Gesprächen oder durch eine Testphase für das Desk Sharing mit Feedback-Möglichkeit der Mitarbeiter*innen, mit klaren Regeln und guten Tools für Transparenz und Organisation (Online Buchung der Arbeitsplätze etc.) sowie stabilen Support.

Die hoch relevante Bewertung des Themas New Work aus psychologischer Sicht unternimmt der Harvard Business Manager im Februar 2021. Der Artikel steht hier als Scan zum Download bereit: Feb 2021_HarvardBM_NewWork 

Welches Desk Sharing Konzept passt?

Die Frage, ob man überhaupt Desk Sharing Konzept einführen soll, lässt sich erst beantworten, wenn man eine Vorstellung davon hat, welches Desk Sharing Konzept sich für ein konkretes Unternehmen anbieten könnte. Also erst das „wie“. Dann das „ob“. Folgende Konzepte stehen zur Auswahl:

Team-internes Desk Sharing

Die Mitarbeiter*innen eines Teams teilen sich die verfügbaren Arbeitsplätze. Das erhält die Team-Identität und ein heimisches Gefühl. Allerdings sind hier Grenzen der Flexibilität und Effizienz schnell erreicht. Und wenn alle Team-Mitglieder mal im Büro sind, muss in andere Teams eingegriffen werden. Das kann zu Unmut führen.

Große Wolken

Die Mitarbeiter*innen einer Zone teilen sich die verfügbaren Arbeitsplätze, beispielsweise eines Flurs oder Gebäudetraktes etc.. Dieses Konzept steht für Effizienz und Flexibilität, aber birgt das Risiko schwindender Team-Identität und unpersönlicher Atmosphäre

Kern- und Randzonen

Jedem Team wird eine Zone mit Kernarbeitsplätzen zugeordnet, die vorher freigegeben werden müssen durch das Team, falls ein anderes Team diese für sich nutzen möchte. Jedes Team hält aber auch eine Zone mit Randarbeitsplätzen, die ungefragt jederzeit von anderen Teams genutzt werden kann. Dieses Konzept versucht die Vorteile von Team- und Wolke-Konzept zu verbinden. Die Zonen und Arbeitsplätze müssen gut markiert sein und die Regeln allen gut erklärt werden.

Zielkonflikte abwägen

Grundsätzlich scheinen Effizienz und Flexibilität einerseits und Team-Identität und Wohlfühl-Atmosphäre andererseits Zielkonflikte zu sein.Welches Desk Sharing Konzept das „richtige“ ist, hängt von der Arbeitskultur, den Zielen, den Prozessen und Arbeitsabläufen des Unternehmens ab.

Umsetzung von Desk Sharing Konzepten

Wenn Sie zum Entschluss kommen, Desk Sharing ließe sich in Ihrem Unternehmen umsetzen, dann können Sie nach folgendem Muster vorgehen.

  • Sharing Quote festlegen: Wichtig ist dabei, dass die Sharing Quote nachvollziehbar ist für alle Mitarbeiter*innen und nicht in den Verdacht von Willkür gerät. Beispielsweise können Sie über einen Zeitraum von 1 Monat messen, wie viele der Arbeitsplätze zu welchen Zeiten besetzt sind. Beispiel: 100 Arbeitsplätze sind über 1 Monat betrachtet zu 70% besetzt. Auf die 70% machen Sie noch einen Sicherheitszuschlag von 10 Prozentpunkten, dann ergäbe das eine Sharing Quote von 80%.
  • Organisation der Arbeitsplätze: Wenn die Mitarbeiter*innen schon in Kauf nehmen, immer wieder neue Arbeitsplätze anzusteuern, dann sollten diese perfekt ausgestattet und bequem handhabbar sein. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
    • Alle Arbeitsplätze gleich gut ausstatten mit IT, Dockingstations, flexible Telefonanlage, persönliche Headsets etc., damit Mitarbeiter*innen möglichst wenig Zeit und Nerven auf das tägliche Setup verwenden müssen.
    • Ergonomie: Bieten Sie höhenverstellbare Tische und Stühle an – jeder hat andere Maße:)
    • Stauraum für sensible und/oder private Unterlagen: Das können Rollcontainer sein, in denen Mitarbeiter*innen diese Sachen abschließen können. Das ist auch im Hinblick auf Datenschutz hilfreich.
    • Clean Desk Policy etablieren: Klar kommunizieren, wie der Arbeitsplatz zu hinterlassen ist. Frei von Schmutz, Geschirr, persönlichen Dingen auf dem Schreibtisch etc. Definieren Sie das konkret.
    • Klären Sie im Vorfeld alle rechtlichen Anforderungen hinsichtlich Verträgen, Sorgfaltspflichten, Arbeitsstättenverordnung, Hygiene, etc., um den Mitarbeiter*innen auch an dieser Stelle höchste Sorgfalt zu signalisieren – und keine Angriffsflächen zu bieten.
  • Kommunikation: Kommunizieren Sie von Anfang an deutlich und eng mit Ihren Mitarbeiter*innen. Sagen Sie, was Sie von Ihrem Desk Sharing Konzept erwarten. Holen Sie die Meinung Ihrer Mitarbeiter*innen ein im Rahmen einer Testphase und justieren Sie dann das Konzept behutsam an die Realität Ihres Unternehmens an. Diese Justierungen können die Sharing Quote betreffen oder organisatorischen Dinge am Arbeitsplatz. Vielleicht ändern Sie auch das Konzept nochmal im Laufe der Einführung. Sorgen Sie dafür, dass alle mitmachen und gehen Sie mit bestem Beispiel voran.

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Bildnachweis: Bild von louisehoffmann83 auf Pixabay