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Der erste Lockdown erwischte die meisten Unternehmen auf dem falschen Fuß – auch beim Thema Homeoffice. Die einen kauften schnell noch Laptops und Drucker für die Heimarbeitsplätze ihrer Mitarbeiter*innen. Die anderen taten es der Bundesregierung gleich und fuhren den ganzen Betrieb auf Homeoffice Modus: Alle sollten von zuhause arbeiten – bis auf systemrelevante Mitarbeiter*innen. Von Regeln oder gar einem Konzept für Homeoffice sind viele bis heute meilenweit entfernt.

Concept follows Chaos

Die meisten Unternehmen nutzten den Sommer für eine Vorbereitung auf den nächsten Lockdown genauso wie die Gesundheitsämter Deutschlands: nämlich kaum bis gar nicht. Einziger Vorteil beim zweiten Lockdown war, dass die Infrastruktur schon stand und man erste Erfahrungen mit Homeoffice hinter sich hatte.

Dafür verschärften sich die Bedingungen in Form hoher Infektionszahlen, neuer Virus Mutationen etc.. Wir haben das alle miterlebt. Heute ist der Trend nach gesetzlichen Regelungen für Homeoffice unübersehbar. Es lohnt sich also, gewappnet zu sein: mit einem guten Konzept und klaren Regeln für Homeoffice im eigenen Unternehmen.

Bevor es an die Umsetzung geht, sollten Unternehmer und Führungskräfte ihre Perspektive auf das Thema Homeoffice justieren. In vielen Unternehmen, gerade in kleinen und mittelständischen mit Inhaber-geprägter Kultur, wird Homeoffice noch als lästiges Zwischenphänomen verstanden und weniger als Chance auf eine neue Form der Arbeitsorganisation.

Homeoffice-Test für Führungskräfte

Für Ihren persönlichen Homeoffice Test versuchen Sie bitte ehrlich für sich selbst zu prüfen, inwieweit Sie den folgenden Statements zustimmen (0=gar nicht bis 5=voll und ganz).

  • Dauerhaft, nicht vorübergehend: Homeoffice bleibt keine Sonderlösung für die Pandemie-Zeit, sondern wird u.a. über Gesetze und Gebote dauerhaft in unserer arbeitenden Gesellschaft verankert.
  • Vertrauen hilft: Natürlich ist es etwas anderes, Mitarbeiter um sich zu haben und allein durch Sichtkontakt ein Gefühl der Kontrolle oder der Effizienz zu haben. Aber die Wahrheit ist, dass Unternehmen mit Homeoffice keine Leistungsfähigkeit einbüßen. Unternehmen können auf ihre Mitarbeiter*innen auch im Homeoffice vertrauen.
  • Führung statt Anordnung: Auf Distanz ist mehr Führung gefordert. Führung ist die Aufgabe und Kompetenz , die viele Führungskräfte im Büroalltag oft vernachlässigen. Homeoffice braucht enge Führung mit Dialog, mit Zielen, Aufgaben und Kontrollen. Dafür brauchen Führungskräfte u.a. Zeit und Ausdauer, um ihre Unternehmen und alle Mitarbeiter*innen in diese neue Ära zu führen.
  • Kommunikation, nicht Information: Homeoffice betrifft nicht nur die Aufbauorganisation, etwa den Kraftakt, Arbeitsplätze an verschiedenen Orten miteinander zu vernetzen. Homeoffice verändert vor allem den täglichen Ablauf der Arbeit. Wenn Menschen nicht mehr beieinander sitzen, brauchen sie andere Wege, Kanäle, Treffpunkte, Anlässe und Motivationen, um über Distanz zu kommunizieren und so den Weg zu einem gemeinsamen Ziel zu gehen.
  • Zentral statt nebenbei: Ein Unternehmen, egal welcher Größe oder Branche, auf eine neue Arbeitsumgebung mit Homeoffice umzustellen, ist eine Aufgabe, die Ressourcen, Rückendeckung und Durchhaltevermögen der Führungskräfte beansprucht. Das geht nicht so nebenbei und schon gar nicht von allein und erst recht nicht mehr „ohne“.
  • Zukunft und Chance: Kurzfristig kann Homeoffice dabei helfen, dass Ihr Unternehmen möglichst ungeschoren durch die Pandemie kommt. Auf lange Sicht kann Ihr Unternehmen flexibler, attraktiver oder effizienter werden:
    • Arbeitsbeginn und -ende brauchen keine „Anreise“ mehr, Teilzeitkontingente können besser genutzt werden, Belastungsspitzen und -täler können besser austariert werden.
    • Homeoffice erweitert den Arbeitsmarkt: Ihr Recruiting ist nicht mehr beschränkt auf Ihre Region. Ihr Unternehmen wird auch für Arbeitskräfte in weiterer Entfernung relevant.
    • Homeoffice bedeutet einen hohen Nutzen für viele Mitarbeiter. Vor allem beim Nachwuchs und jüngeren Mitarbeitern können (und müssen) Sie damit punkten.
    • Mehr Mitarbeiter*innen können mit weniger Büroarbeitsplätzen bedient werden. Das spart Kosten für Raum und Betrieb – die Sie in Zukunftsfelder wie Digitalisierung oder Gesundheit der Mitarbeiter investieren können.
    • Und nebenbei werden Sie besser vorbereitet für eine nächste Pandemie.

Wenn Ihre Haltung überwiegend im Sinne dieser Statements liegt, dann könnten Sie bereit sein für die Erarbeitung und Umsetzung von Homeoffice Konzept und Regeln.

Lesen Sie auch diesen Beitrag im Harvard Business Manager vom Februar 2021. Der gibt Ihnen u.a. wertvolle Hinweise darauf, ob die Kultur Ihres Unternehmens bereit ist für neue Formen der Arbeitsorganisation. Ein Scan des Artikels steht hier zum Download bereit: Feb 2021_HarvardBM_NewWork

Homeoffice Regeln erarbeiten und umsetzen

Je nach Unternehmensgröße und Branche können Dringlichkeit, Umfang sowie Art und Weise der Etablierung von Homeoffice variieren. Daher werden Ihnen in der Folge Themenfelder beleuchtet, die von Homeoffice berührt sind – wie Führung, Kommunikation, Qualitätskontrolle, Zeitmanagement, IT und Support… Ihre Antworten auf diese Fragen liefern die Bausteine für das Homeoffice Konzept Ihres Unternehmens.

Organisation

  1. Welche Arbeitsplätze kommen grundsätzlich für Homeoffice in Frage und welche nicht? Festgemacht an sachlichen Kriterien, um Verständnis durch Transparenz zu fördern und um Neid und Spekulationen vorzubeugen. Sachliche Argumente können auch sein, dass eine Mitarbeiter*in keine Möglichkeit hat für Homeoffice.
  2. Was ist die Mindestbesetzung, die Ideal-Besetzung und die Maximal-Besetzung pro Flur, Abteilung, Büro…? Sachliche Ausrichtung der Entscheidung auf Ziele des Unternehmens bzw. des Unternehmensbereichs oder der Abteilung.
  3. Wie wird die Besetzung geregelt nach Homeoffice oder Präsenz? Auf Abteilungsebene oder Team-Ebene oder Büro-Ebene? Und wer ist dafür verantwortlich?
  4. Wie ist dies einsehbar und planbar? Login, Reservierung von Arbeitsplatz…
  5. Welche Arbeitszeiten gelten im Homeoffice? Und welche Abwesenheitsregeln?
  6. Wie werden interne Meetings organisiert? Mit welchem Vorlauf, auf welchem Kanal mit welchem Verteiler? Wer ist verantwortlich, dass die richtigen Leute zur richtigen Zeit mit Agenda und Vorbereitung am virtuellen Tisch sitzen mit einwandfreier Technik und stabiler Verbindung?
  7. Wie werden externe Meetings organisiert? siehe oben… Wer ist verantwortlich, dass Kunde/Partner eine perfekte User-Experience hat in Sachen Technik, Verbindung und Vorbereitung und Umsetzung?
  8. Welche zentralen Stellen und Services im Unternehmen sind wie besetzt? Poststelle, Empfang, Restaurant, Hausmeister, Unternehmenskommunikation etc.
  9. Wie ist die Anwesenheit der Führungskräfte geregelt? Wie sind die Führungskräfte außerhalb der regulären Bürozeiten erreichbar? Wo ist dies einsehbar?
  10. Wie werden Fortbildungsangebot umverteilt? Wer achtet darauf, dass gute Angebote bei den Mitarbeiter*innen ankommen?

IT

  1. Welche Genehmigung muss in welcher Form vorliegen für die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes? inkl. Drucker, Telefon, Laptop/Tablet etc.
  2. Wie sind die Heimarbeitsplätze standardmäßig ausgerüstet mit Hard- und Software?
  3. Welche Internet-Anbindung und Telefon-Anbindung ist notwendig?
  4. Wie erfolgen Sicherheitsprüfung und Authentifizierung?
  5. Wo und wie sind Zugriffsrechte geregelt auf Server, Ordner etc.?
  6. Welcher Support wird angeboten: Fehleranalyse, Update, Reset, (Ent-)Sperrung, Sprechstunden, Ticketsystem….

Mehr dazu hier: ADLON_Vorlage_ISMS-Richtlinie_zur_Homeoffice_Arbeit

Führung und Kommunikation

  1. Welche Ziele, Aufgaben, Termine und Kennzahlen (KPI) sind in welcher Form an die Mitarbeiter*innen kommuniziert, die (zeitweise) im Homeoffice arbeiten?
  2. Wie regelmäßig werden Arbeitsfortschritt, Zielerreichung, nächste Schritt und KPI, Hürden oder Wünsche besprochen? Bsp.: tägliche/wöchentliche Videokonferenz mit Reporting gemäß Zielvorgaben.
  3. Wie werden News und Informationen umverteilt?  Auf welchen Kanälen werden welche Information verbreitet? Ticker, Newsletter, Wöchentliche Mail zum Freitag, Protokolle aus Meetings, Intranet, persönliche Videos aus dem Homeoffice, Meldungen zum Fortschritt bei Projekten…?
  4. Wer ist verantwortlich, dass Kommunikation zeitnah und in geeigneter Form erledigt wird und die richtigen Mitarbeiter*innen erreicht?
  5. Welche Anlässe und Formate gibt es, um das soziale, informelle Leben im Unternehmen zu fördern? Online-Lunches zu zweit, After-Work Bier am Küchentisch, Online-Grüße zu Hochzeit, Geburtstag, Firmenjubiläum etc.? Wer ist verantwortlich und behält die Termine im Auge?

Rechtliche Aspekte

Die rechtlichen Aspekte zum Thema Homeoffice sind nicht unerheblich. Eine aktuelle Bewertung der Rechtslage finden Sie auf der Webseite der Kanzlei Dr. Kittl & Partner hinterlegt. Den Beitrag dazu erreichen Sie über diesen Link.

Grundsätzlich wichtig ist bei der Definition von Regeln, dass diese sachlich nachvollziehbar, schlüssig, fair und konform mit den Unternehmenszielen sind. Transparenz, Stabilität und Verlässlichkeit bei Homeoffice Regeln sind entscheidend für deren Attraktivität und Akzeptanz auf Seiten der Mitarbeiter*innen, von Bewerber*innen sowie Gesellschafter*innen und Führungskräften.

 

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Bildnachweis: Bild von Vinzent Weinbeer auf pixabay.com